Entdeckungen in der »Metropole des Vergnügens«

Andreas Schwarze legt sein Buch zur Dresdner Operettengeschichte vor

Veröffentlicht am Mittwoch, 12. Oktober 2016

Die Entwicklung der musikalischen Volkstheater in Dresden von 1844 bis heute beleuchtet Andreas Schwarze, Regisseur, Dramaturg und Kurator des digitalen Archivs der Staatsoperette Dresden in seinem aktuellen Buch.

Buchautor Andreas Schwarze. Foto: Neumann

Buchautor Andreas Schwarze.

Foto: Neumann

Marion Neumann im Gespräch mit Andreas Schwarze, Regisseur, Dramaturg und Kurator des digitalen Archivs der Staats­ope­rette zu seinem neuesten Buch »Metropole des Vergnügens – Musika­li­sches Volks­theater in Dresden von 1844 bis heute«, das er mit großem Erfolg am 18. September 2016 2016 in einer musika­li­schen Matinee in Leuben vorstellte – eine außer­ge­wöhn­liche Zeitreise in die Geschichte der Staats­ope­rette Dresden und ihrer legen­dären Vorgän­ger­theater.

Was bleibt, wenn die Staatsoperette Dresden endgültig in Leuben ihre Pforten schließt?

Der Umzug der Staats­ope­rette ins Zentrum von Dresden ist unumstößlich. Doch der Abschied vom Musen­tempel am Rande der Stadt fällt wahrlich nicht leicht, weder dem Theater­ensemble noch dem Publikum. Ich nehme mich da nicht aus. Doch was bleibt? Als Kurator des digitalen Archivs kann ich beispiels­weise auf einen ungewöhn­lichen Fundus der Erinne­rungen und Zeitge­schichte zurück­greifen. Ich konnte aus dem Vollen schöpfen und dies über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Die sehr umfäng­liche Recher­che­arbeit hat sich gelohnt. Die bevor­ste­hende Eröffnung des neuen Theaters im Zentrum Dresden veran­lasste mich, ein umfas­sendes Buch über die privaten und städti­schen Volks­theater Dresdens vorzu­legen. Dank der Unter­stützung vieler Freunde der Operet­ten­bühne kann ich das digitale Archiv immer weiter ergänzen.

Was erwartet den Leser und Operettenfan?

Es ist ein histo­ri­scher Fakt der Dresdner Kultur­ge­schichte: Millionen Besucher strömten im Laufe der Jahrzehnte in das Central-Theater, das Residenz-Theater, das Albert-Theater und in die Staats­ope­rette, um Musik, Humor und Lebens­freude zu genießen. In heiteren wie spannenden und oft sehr bewegenden Kapiteln wollte ich die faszi­nie­rende, oftmals bunt schil­lernde Entwicklung des musika­li­sches Volks­theaters in Dresden seit der Mitte des 19. Jahrhun­derts näher beschreiben. Dazu gehören auch die persön­lichen Schicksale der Menschen vor, auf und hinter der Bühne und die Richtig­stellung von legen­dären Überlie­fe­rungen.

Beson­deren Wert habe ich dabei auf die Verbindung von Theater­ge­schichte und Stadt­his­torie gelegt. Großer Dank gilt an dieser Stelle der Staats­ope­rette, die als Heraus­geber das Buchprojekt unter­stützte, erschienen am 16. September 2016 im »Saxophon-Verlag«.

Die umfas­senden Recher­che­ar­beiten in städti­schen, auswär­tigen und privaten Archiven waren für mich als Autor verpflichtend. Ebenso gehörten Zeitzeu­gen­in­ter­views und akribische Rekon­struk­ti­ons­ver­suche von verschwun­denen Theater­bauten dazu. Im Ergebnis, so glaube ich, wird der Leser belohnt mit überra­schenden wie unbekannten Fakten, dokufik­tio­nalen Szenen und immerhin 350 zum Teil exklu­siven Bildern, die Theater und Künstler vergan­gener Epochen auf besondere Weise lebendig werden lassen – es sind die wahren »Geschichten hinter dem Lachen«.

Drei Kapitel seien kurz angesprochen: Was hat es mit dem »Wiener Charme an der Weißeritz« auf sich?

Die klassische Operette in Dresden hatte einen »Begründer«, den Öster­reicher Josef Ferdinand Nesmüller, der Mitte des 19. Jahrhun­derts in Dresden zwei große Privat­theater führte und heute zu Unrecht vergessen ist. Was Wiener Operette und Weißeritz verbindet, enthüllt erstmals das Buch.

Was verbirgt sich hinter einem »Warenhaus der Unterhaltung«?

Das größte und schönste Privat­theater Dresdens, das »Central-Theater« an der Waisen­haus­straße mit seinen 2.000 Plätzen, mitten im Geschäfts­zentrum der damaligen Weltstadt Dresden.

Wodurch zeichnet sich »Klassenkampf im Frack und Dirndl« aus?

In den Kapiteln über die Nachkriegs­ge­schichte und den Biografien von Georg Wörtge und Fritz Steiner versuche ich die Kultur­ge­schichte diffe­ren­ziert, sachlich und mit einem Augen­zwinkern unter den kompli­zierten politi­schen Verhält­nissen darzu­stellen und Dresdner Idole mit ihren Licht- und Schat­ten­seiten zu zeigen.

Was gibt es für nächste Pläne?

Eine Fortsetzung möchte ich nicht ausschließen. Schließlich schreiben wir gerade am jüngsten Teil der Operet­ten­ge­schichte: Kehraus, letzter Vorhang, Umzug und Neustart auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Spannende Geschichten lassen sich da nicht vermeiden. Es lohnt sich immer, aufmerksam und neugierig zu bleiben.

Marion Neumann

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