Seit über 100 Jahren: Haltepunkt Strehlen
Veröffentlicht am Donnerstag, 11. Juli 2019
Der Haltepunkt Strehlen hat eine bewegte Historie. Besonders das anliegende Bahnhofsgebäude hat eine abwechslungsreiche Geschichte seit dem Bau des Hauses 1902 hinter sich.
Mit dem umfangreichen Verkehrsbaugeschehen auf Strehlens Oskarstraße – seit dem 6. Juli rollen die Straßenbahnen auf der neuen Trasse – rückte auch der Haltepunkt Dresden-Strehlen der S-Bahn in den Blickpunkt. Für die Bezeichnung Bahnhof fehlt beim Gleiskörper eine Weiche.
Das ehemalige seit etwa 20 Jahren leerstehende Empfangsgebäude – nun sehr gut saniert – wurde am 3. Juli 1902 einschließlich des Inselbahnsteigs mit seiner Überdachung und der dafür errichteten Zugangstreppe eröffnet. Der Bau begann am 16. August 1901, der Beschluss dazu lag bereits 1888 vor. Die Gebäudearchitektur zeigt freien Umgang mit historischen Formen, vorwiegend der Renaissance. Der seitdem fast unveränderte Klinkerbau mit Bruchsteinsockel barg Folgendes: Wartesäle III. (1920 Notwohnung) und IV. Klasse, Gepäckverkehr mit -aufbewahrung (auch Expressgut) plus Aufzug, »Bilettbureaux«, Restaurant, Dienstwohnung (zu DDR-Zeiten vom Präsidenten der Reichsbahndirektion genutzt), öffentliche Toiletten und schließlich einen Erfrischungskiosk in der Empfangshalle. Das war eigentlich die Glanzzeit der Immobilie, zumal mit der Eröffnung auch der viergleisige(!) Betrieb des Streckenteils Reick – Dresden Hbf startete.
Zwar wurde die Eisenbahnstrecke Dresden – Pirna durch das damalige Dorf Strehlen (1. Januar 1892 nach Dresden eingemeindet) schon am 1. August 1848 in Terrainhöhe eröffnet, aber der jetzige Hochdamm wurde erst 1897 errichtet. Als mögliche Standorte des Haltepunkts befanden sich auch die Franz-Liszt-Straße (damals Palaisstraße) und der in Höhe Karcherallee im Gespräch.
1965 bis 1967 erfolgte der Gebäudeumbau im Erdgeschoss für Büros der Brückenmeisterei der Reichsbahn mit gleichzeitiger Schließung des Reiseverkehrs und 1982/83 für den Medizinischen Dienst des Verkehrswesens.
Mal nebenbei: Als man die »Höherlegung« der Gleise beendete, zahlte die »Königliche Generaldirektion der Sächsischen Staatseisenbahn« für abgetretenes Land ab 28. Oktober 1897 die Besitzerinnen mit folgendem Hinweis aus: »Ehefrauen, die Zahlungen erhalten, wollen in Begleitung ihrer Ehemänner erscheinen.«
Und mit der Brückenhöhe über der Oskarstraße hatten nun die Guts- und Fuhrbesitzer ihre Schwierigkeit. 1899 schrieben sie an den Rat der Stadt: »Seit Verlegung des Grunaer Weges infolge der Höherlegung der Staatsbahn ist die Durchfahrt unter der aufgestellten eisernen Brücke so niedrig, daß wir zur Erntezeit nur mit halbgeladenen Wagen durchfahren können.« Überhaupt war die öffentliche Meinung betreffs der kurzen Entfernung zum Hauptbahnhof und zur »Chinesischen Mauer« des Dammes recht verhalten…