Ein Engel kehrt zurück

Veröffentlicht am Donnerstag, 10. Juni 2021

Auf dem Johannisfriedhof haben zahlreiche historische Persönlichkeiten ihre letzte Ruhestätte. Die Erhaltung der Grabstätten erfordert Geld und Engagement. Das Grab der Familie Roetzschke erhielt nach der Sanierung seinen Engel zurück.

Die histo­rische Grabstelle der Familie Alfred Roetzschke wurde jetzt komplet­tiert: Per Kran schwebte am 20. Mai ein übermanns­großer Engel auf seinen Sockel zurück. Die weiße Figur aus Carrara-Marmor war aufwendig restau­riert worden. Fried­hofs­ver­wal­terin Beatrice Teichmann zeigte sich erleichtert. Denn die Figur, geschaffen von Bildhauer Gustav Eberlein, gehört zu den wertvollsten Engel-Skulp­turen auf dem Johan­nis­friedhof. Sie ist auch die bedeu­tendste Grabplastik des Künstlers. Die Ruhestätte entstand 1896, als die erste Frau von Alfred Roetzsch­ke starb. Die reprä­sen­tative Ausstattung des Wandgrabs kostete damals rund 300.000 Mark. Zu DDR-Zeiten ging das Grab an die Fried­hofs­ver­waltung zurück. Seit 2001 engagiert sich ein Grabpate für den Erhalt der Ruhestätte, die als national wertvolles Kultur­denkmal gilt. Eine Restau­rierung in dieser Größen­ordnung sei aber von einem Paten nicht zu stemmen, so Teichmann. Nur mit Hilfe von Förder­mitteln konnte das gelingen. 15.700 Euro Förder­mittel steuerten Bund und Land bei, die Fried­hofs­ver­waltung hatte sich intensiv darum bemüht. Die Restau­rierung kostete 23.800 Euro. Der Friedhof steuerte 8.100 Euro bei. Die Grabstelle Roetzschke ist eine von 23 national bedeu­tenden Grabdenk­malen und gehört zu den 423 Einzel­denk­malen auf dem Johan­nis­friedhof. Sie alle in einem guten Zustand für die Nachwelt zu erhalten, ist eine Mammut­aufgabe.

Künftig will die Stadt­ver­waltung den Erhalt histo­ri­scher Grabstätten stärker fördern. Die bisherige Pauschale von bis zu 150 Euro pro Jahr pro Grab – bisher für 132 Ruhestätten in Dresden gewährt – reicht nicht aus. Statt der bisher etwa 20.000 Euro sollen mehr als 90.000 Euro aus dem städti­schen Haushalt bereit­ge­stellt werden. Die Pauschale für besonders bedeutsame Gräber soll demnach auf 400 Euro erhöht werden. Welche histo­risch wertvollen Gräber künftig davon profi­tieren, darüber soll künftig eine Fachkom­mission entscheiden. Keine leichte Sache, denn auf Dresdens 58 Fried­höfen haben zahlreiche bekannte Persön­lich­keiten aus Kunst, Kultur, Wirtschaft und Gesell­schaft ihre letzte Ruhe gefunden. Dazu gehören unter anderem der Bildhauer Balthasar Permoser, der Komponist Carl Maria von Weber die Künst­lerin Gertrud Caspari, die Politi­kerin Elsa Fenske, Maler wie Caspar David Friedrich oder Manfred von Ardenne.

Historische Gräber

Die histo­risch bedeut­samen Gräber nennt Bürger­meis­terin Eva Jähnigen ein „Archiv der Stadt­ge­schichte“. Für 23 Grabstellen von bedeu­tenden Persön­lich­keiten, darunter die der Oberbür­ger­meister Blüher, Beutler und Pfoten­hauer, erhält der Johan­nis­friedhof finan­zielle Hilfe von der Stadt.

Für das 15 Quadrat­meter große Wandgrab von Friedrich Wilhelm Pfoten­hauer (1812–1877) sind das 150 Euro im Jahr. Pfoten­hauer war 28 Jahre lang Bürger­meister der Stadt Dresden. Die bedeu­tende Grabstelle wird regel­mäßig instand­ge­halten. „Das Grab gäbe es nicht mehr, wenn wir es nicht auf eigene Kosten erhalten würden“, so die Fried­hofs­ver­wal­terin. Für sie ist es wichtig, die Erinnerung an die Persön­lich­keiten wach zu erhalten. „Es wäre ein großer Verlust für Dresden und für den Johan­nis­friedhof selbst, wenn diese Grabstellen mangels finan­zi­eller Mittel eines Tages beräumt werden müssten.“ Sie bemüht sich deshalb auch um Grabpaten, die bauliche und gärtne­rische Pflege übernehmen. 150 sind derzeit auf dem Johan­nis­friedhof im Einsatz. Neben Privat­per­sonen engagieren sich auch Vereine oder Insti­tu­tionen. Wer mithelfen will, das histo­rische Erbe zu erhalten, ist willkommen.

Christine Pohl

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